Am 12. Juli 1925 – Ausfahrt mit Damen nach Augustusburg

Diplomat muss ganz besonders auch der Motorradfahrer  sein. Er muss seiner Ehehälfte ab und zu etwas bieten – damit die Stimmung gut bleibt – so hatte man sich in der Versammlung geäußert, und dass nicht mit Unrecht.
Unser Vorstand hat sich mit einer sponagelneuen B.M.W. bewaffnet , und so bildet er –neben der Damenwelt natürlich – den Mittelpunkt des ganzen Interesses. Der Sportwart hatte seinen AUDI-Wagen für einen Teil der Damen zur Verfügung gestellt.
Die Damen selbst erschienen natürlich sehr unpünktlich und hatten anscheinend keinen Begriff davon, welch Zucht und Ordnung in unseren Klub herrscht.
So kam es gegen 10 Uhr 30 zu einer recht gemischten Ausfahrt in Richtung Mittweida. Der AUDI trollte hinter der Kolonne her, ganz besonders hinter ihrem Vorstand, der mit seiner neuen B.M.W. bei den dämlichen Wageninsassen und dem Wagenlenker recht unliebsam auffiel , weil sie noch nicht so recht wollte wie er, oder er wie sie .
Verspätet trafen deshalb am Kaffee „Bürger“ der Wagen mit den Damen und die B.M.W. mit Jung-Schorsch ein. Jetzt erst zählte man die Häupter seiner Lieben. Es waren folgende:

  • Georg Jung – ohne
  • Rudi Schubert – mit
  • Otto Irmscher – mit
  • Wiily Tenzler – mit
  • Neschke Wechselburg – mit
  • Goerg Bohnwagner – mit
  • Herbert Klaus – mit
  • Curt Jähnig – mit
  • Alfred Junghans – mit
  • Curt Cränz – ohne Frau bzw. Braut.

Wie zur Eröffnungswanderfahrt war im Kaffee „Bürger“ kurze Begrüßungs-– und Erfrischungspause, und auf ging’s dann nach Frankenberg. Alfred Junghans bleibt in seinen Fache und baut an seiner Kupplung herum. Fremde Hilfe lehnt er mit Entrüstung ab , überlässt seine Frau dem guten Gewahrsam seiner Kameraden und verspricht nachzukommen . Man hat ihn an betreffendem Tage nicht wieder zu sehen bekommen, und schlechte Zungen behaupten , die Gelegenheit sei günstig nach seinem Geschmacke zufällig oder mutwillig recht gut zupasse gekommen.
In Frankenberg wurde Frühstück abgehalten und man bemüht sich eifrig um die Damen.
Darnach war Aufbruch und flotte Weiterfahrt in Richtung Oederan. Kurz hinter Frankenberg erfährt die Reise eine jähe Unterbrechung. Maschinen stehen kreuz und quer auf der Strasse ,
aufgeregt bemühen sich alle Fahrer um irgendetwas. Wir, die mit dem Wagen Ankommenden, sehen eine demolierte D-Maschine und dann Frau und Herr Bohnwagner blutend und zerrissen im Graben liegend. Während die Verletzungen Bohnwagners leichtere  zu sein scheinen, ist Frau Bohnwagner bei diesem  Sturz in der Kurve weit schlimmer weggekommen. Sie wird in den wagen gehoben .Bohnwagner nimmt als Sozius bei Klaus Platz .In Oederan ist Verbandstation. Strümpfe werden gekauft, Wunden ausgewaschen und den Verunglückten einige Zeit Ruhe gegönnt , während die übrigen Fahrer sich selbst auch bei einem Glas Bier erholen müssen . Damit der Sportwart nicht zu munter wird, bläst zur Abwechslung die N.S.U. von Jähnig am Hinterrad die Luft aus und nach diesem Schaden geht’s mit unseren beiden Verletzten auf Augustusburg zu. Vorsorglich war im „Erbgericht“ Mittag bestellt worden. Vorstandsreden würzten das Mahl. Besichtigung des Schlosses und eine gemeinsame Kaffeetafel im Schlosshofe folgten und gegen 5 Uhr wurde zum Aufbruch geblasen. Frau Junghans hatte zuvor noch versucht Verbindung zu ihrem Manne zu bekommen – natürlich vergebens. Um Herrn Neschkes Braut bei Hermsdorf abladen zu können, beschliesst man über Geringswalde zu fahren nach Hause zu fahren. Im dortigen Ratskeller treffen sich alle Fahrer gegen 7 Uhr wieder zusammen. Frau Bohnwagner musste leider einstweilen im Wagen belassen werden. Gegen 8 Uhr war Eintreffen in Rochlitz.
Alles in allem muss auch diese Fahrt als eine Wohlgelungene bezeichnet werden, wenngleich sich das an und für sich bedauerliche Ereignis mit Bohnwagners abspielte. Aber wie kein Soldat ohne Arrest – so kein Motorradfahrer ohne Sturz .

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